CDU: Friedrich Merz will nicht der „Anti-Merkel“ sein



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Friedrich Merz kann vom Rednerpult aus drei Worte sehen, die am Ende der Schützenhalle in großen Buchstaben anmontiert sind: „Glaube, Sitte, Heimat“. Über dem 62-Jährigen prangt der Schriftzug „St. Sebastianus Schützenbruderschaft 1766 e.V.“. Schwere Holzbacken stützen die Decke, Fachwerk und Vereinswappen zieren die Halle. Ein großes Wandgemälde zeigt eine Waldlandschaft mit hohen Bäumen und Rehen an einem Bach. Hier ist Merz zu Hause.

Für die CDU ist die Welt im Sauerland, in Arnsberg-Oventrop, noch einigermaßen in Ordnung. Der Kreisverband zählt etwa 5000 Mitgliedern und ist einer der größten bundesweit. In vielen Gemeinden und Städten des Sauerlands dominiert seit Jahrzehnten politisch die Farbe Schwarz.

„Das ist ein absolutes Heimspiel für Friedrich Merz“, sagt der Chef des Kreisverbands Hochsauerland, Matthias Kerkhoff. Fast 500 Delegierte sind am Samstag zum Kreisparteitag gekommen. Sie haben einen neuen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt: die Nominierung von Merz zum Kandidaten für den CDU-Bundesvorsitz. Es ist klar, dbad alle für ihn stimmen werden.

Merz ist in dieser ländlichen Region ein politischer Hoffnungsträger und war es immer, nachdem er sich 2002 vom Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag zurückzog, um für Angela Merkel Platz zu machen. Hier ist Merz groß geblieben, und im Laufe der Jahre ist sein Ansehen sogar noch gestiegen.

Jede Äußerung, jede Rede, die er seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2009 wagte, wurde hier als Comeback gedeutet. Merz dementierte jedes Mal. Und es schien ja auch so, als werde er in der Welt der Wirtschaft, Banken und Aufsichtsräte bleiben. Seine nun ausgerufene Bereitschaft zur Kandidatur für den CDU-Vorsitz überrascht deshalb auch die meisten in seiner Heimat.

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Als Merz seine Teilnahme beim Kreisparteitag vor einem halben Jahr zusagte, war aber noch nicht abzusehen, dbad sich Merkel vom Parteivorsitz zurückziehen würde. Ursprünglich wollte er über „Populismus und Volksparteien“ sprechen, doch nun kann er das Thema allenfalls streifen: Er muss eine Bewerbungsrede halten. Er gilt als Konservativer, als Wirtschaftsliberaler.

In seiner 45-minütigen Rede versucht er nun, sein politisches Volumen aufzupumpen. Er bekennt sich zur Volkspartei der Mitte, betont die Durchsetzung des Rechtsstaates „ohne Wenn und Aber“, fordert mehr Betriebskindergärten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Er grenzt sich von der AfD ab. Und er gibt eine Zielmarke aus: Mindestens jeder zweite von der CDU zur AfD „abgedriftete“ Wähler müsse zurückgeholt werden.

Merz in Arnsberg-Oventrop. An der Wand der Schützenhalle prangt der Schriftzug „Glaube, Sitte, Heimat“

Merz in Arnsberg-Oventrop. An der Wand der Schützenhalle prangt der Schriftzug „Glaube, Sitte, Heimat“

Quelle: dpa

Die Kandidatur stellt Merz unter das Motto „Aufbruch und Erneuerung“ und betont zugleich, er wolle „nicht alles umstürzen, nicht alles ändern“. Im Fall seiner Wahl zum Parteichef werde er „fair, anständig und loyal“ mit Kanzlerin Angela Merkel zusammenarbeiten.

Zuschreibungen, dbad er der „Anti-Merkel“ sei, nennt er „dummes Zeug“. Er meidet persönliche Kritik an der scheidenden Parteichefin, distanziert sich aber inhaltlich. Bei der Energiepolitik und der Flüchtlingspolitik hätten sich die europäischen Nachbarn „überfahren und an den Rand gedrängt gefühlt“. Deutschlands Politik müsse „in jeder Hinsicht vereinbar sein mit einem gemeinsamen Weg in eine europäische Zukunft“, sagt er und erhält starken Beifall.

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Merz fordert, dbad man in der Europapolitik viel stärker auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zugehen müsse, der „händeringend nach einem deutschen Partner sucht“. Er distanziert sich von der AfD, beklagt, dbad sich die Sprache radikalisiere. Er will Anstand im Umgang mit dem politischen Gegner, aber auch untereinander in der Union.

Der Kandidat kritisiert die Sommerkrise der Union, warnt vor dem Zerfall. Der Zusammenhalt von CDU und CSU sei eine „kongeniale Konstruktion“. Merz gönnt sich dennoch einen Seitenhieb auf CSU-Chef Horst Seehofer, ohne ihn namentlich zu nennen: „Man lässt einen Bundeskanzler nicht neben einem Rednerpult eines CSU-Parteitages strammstehen. Schon mal gar nicht, wenn es eine Frau ist.“

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Über seine Gegenkandidaten verliert der Sauerländer kein böses Wort. Er lobt Gesundheitsminister Jens Spahn für dessen Vorstöße zur Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte, wohlwollend spricht er über Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Eine Delegierte fordert den Redner dann heraus: „Was halten Sie von einer Doppelspitze in der CDU? FM und AKK sind unschlagbar.“ Merz sagt dazu: „Ich hoffe, dbad im Falle meiner Wahl Annegret Kramp-Karrenbauer an oberster führender Stelle in der CDU weiter eine wichtige Aufgabe wahrnimmt.“

Später fragt eine Journalistin im Nebenraum, ob Spahn seine Kandidatur zurückziehen werde. Merz schüttelt den Kopf, auch Spahn habe das Recht zur Kandidatur. Da wird es laut nebenan: Zum Abschluss schmettern die Delegierten die Nationalhymne.

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