Düsseldorf – Es waren erschütternde Szenen am Mittwoch in der JVA Kleve: Justizminister Peter Biesenbach (CDU) zeigte der Familie des Syrers Amed A. (†26) dessen ausgebrannte Zelle. Die Mutter des toten Flüchtlings brach weinend zusammen.
„Es war alles schwarz, nur noch Asche“, beschreibt der Anwalt der Familie, Necdal Disli, den Tatort. Der Justizminister hatte den Angehörigen angeboten, am Brandort Abschied zu nehmen. Er begleitete Vater, Mutter und zwei Brüder des unschuldig Inhaftierten zu „Haftraum 143“.
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Amed A. war Ende Juli wegen einer Verwechslung festgenommen worden. Am 17. September brach in seiner Gefängniszelle ein Feuer aus, zwei Wochen später erlag er seinen VerletzungenFoto: marc vollmannshauser
Anwalt Disli zu BILD: „Es war wichtig für die Familie, diesen Ort zu sehen.“ Er habe Minister Biesenbach gebeten, auch Treffen mit Bundeskanzlerin und Bundespräsident zu organisieren. Zudem erwarte er eine finanzielle Wiedergutmachung für die Familie.
Zur Enthüllung, dbad Amed A. doch einen Notruf aus seiner brennenden Zelle absetzte (der offenbar ignoriert wurde), sagte Disli: „Damit ist die These von einem Selbstmord erledigt.“
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Amed A. wurde in Bonn nach kurdischer Tradition beerdigt. Sein Vater trug ein T-Shirt: „Wer ist der Mörder unseres Sohns?“Foto: Axel Vogel
Das sieht die Justiz anders. Die Ermittler gehen davon aus, dbad Amed A. u.a. Bettzeug in Suizidabsicht anzündete – nach einigen Minuten aber Panik bekam. Amed A. öffnete nach BILD-Informationen ein Fenster, was den Brand noch mehr angefacht haben könnte.
► SPD und Grüne forderten am Freitag den Rücktritt des Justizministers, der zunächst gesagt hatte, es habe keinen Notruf aus der Zelle gegeben. Das Ministerium wies das zurück: Man habe immer den aktuellen Stand der Ermittlungen wiedergegeben.
Die Staatsanwaltschaft Kleve überprüft die Gegensprechanlage zurzeit. Auch „ob eine weitere Person diese Anlage deaktiviert hat“, so Oberstaatsanwalt Günter Neifer zu BILD. Konkret ermittelt wird bereits gegen einen JVA-Arzt, weil er die Knastleitung nicht über psychische Probleme des Häftlings informiert haben soll.
Außerdem laufen Ermittlungen gegen sechs Polizisten, weil Amed A. unschuldig im Knast gelandet war.
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In solch einer Zelle saß Amed A. Foto: Markus van Offern / dpa
Polizisten hatten ihn als mutmaßlichen Sittenstrolch aufgegriffen, im Computer zwei offene Haftbefehle unter dem Namen Amed A. gefunden. Die galten in Wahrheit aber einem Schwarzafrikaner aus Hamburg. Der Innenminister hatte bereits von einem „schweren Fehler“ der Polizisten gesprochen, weil sie u.a. keinen Fotoabgleich gemacht hatten.