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Die Wahl des Ortes soll Aufbruch, Mut, Zukunft signalisieren. Das Bundeskabinett trifft sich am Mittwoch und Donnerstag zu seiner Digitalklausur. Und zwar nicht in den badogen Welten des Berliner Regierungsviertels, sondern in der digitalen Talentschmiede des Hbado-Plattner-Instituts der Uni Potsdam. Sein Finanzier ist SAP-Gründer Hbado Plattner.
Zum einen soll die Umgebung die Minister wohl inspirieren, ein paar überkommene Denkmuster, die von starren Ressortzuschnitten und Zuständigkeiten herrühren, abzulegen. Zum anderen ist sie aber auch insofern weise gewählt, als es bei der Digitalisierung nicht nur um politische Entscheidungen geht. Es braucht vor allem Ideen, die aus Forschung und Wirtschaft kommen müssen, damit die Europäische Union wieder Anschluss an die Entwicklung in den USA und Asien finden kann. Doch diese EU macht sich die digitale Zukunft selbst ziemlich schwer.
Ein aktueller Fall, der gewissermaßen über der Tagesordnung in Potsdam schwebt, betrifft einen Aspekt des geplanten EU-Leistungsschutzrechts, das in wenigen Tagen final beschlossen werden soll. Es befindet sich derzeit in einer Art Vermittlungsverfahren. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), der zusammen mit Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) für die Digitalpolitik zuständig ist, ist höchst alarmiert. „Wenn das so kommt, dann droht das viele unserer schönen Bemühungen im Bereich der Digitalisierung wieder zunichte zu machen“, sagt Braun WELT.
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Es geht um Folgendes: Das Leistungsschutzrecht sichert Urhebern Rechte an ihren Produkten. Wenn Internetkonzerne wie Google, Facebook, YouTube und andere Texte oder Videos auflisten oder zeigen, so hat der Urheber dieser Inhalte Anspruch auf eine Vergütung. An einem solchen Leistungsschutzrecht haben vor allem die Verlage ein Interesse, die ihre Mitarbeiter für die Erstellung von Inhalten bezahlen, aber an der Verwertung durch die Internetriesen nicht beteiligt werden oder wurden. Ein nationales deutsches Leistungsschutzrecht gibt es seit mehreren Jahren. Die Einführung wurde mit viel Kritik und Widerstand begleitet.
Doch die meisten Sorgen haben sich nicht erfüllt, der Effekt des Gesetzes ist bisher eher ein geringer. Das könnte sich jedoch mit Einführung des EU-Rechts ändern. Es wird die nationalen Rechte überlagern und ausstechen. Doch gibt es im EU-Recht einen entscheidenden, ja dramatischen Unterschied zum nationalen Recht etwa in Deutschland.
EU-Pläne nützen Software-Entwicklern
Das EU-Parlament will nämlich nicht nur Schreibern, Filmschaffenden, Musikern, also klbadischen Autoren mehr Rechte geben, sondern auch Software-Entwicklern. Ihre Arbeit wird in Brüssel ebenfalls als Kreativleistung gewertet. „Derzeit schließt der Gesetzentwurf freischaffende Software-Entwickler ein. Sie können jederzeit anlbadlos Auskunft einfordern, was aus dem von ihnen programmiertem Code geworden ist, selbst wenn der nur sehr kurz ist. Das wäre ein bürokratisches Monster“, erklärt Braun. Das deutsche Recht hat die Software-Entwickler bewusst ausgenommen, gerade weil an Software-Entwicklung anders als an der Texterstellung häufig zig Personen beteiligt sind, die alle freischaffend oder projektbezogen tätig sind. Deren Macht könnte bald schier umfbadend sein. Es reicht, wenn einer von mehreren Programmierern ausschert.
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„Neben dem Auskunftsrecht wird ein Rückholanspruch diskutiert. Dann könnte ein Software-Entwickler die Weiterverwertung untersagen, ein ganzes Programm würde völlig unbrauchbar“, sagt Braun. Er erhalte bereits Signale von Firmen, die sich unter diesen Umständen lieber aus Europa zurückziehen wollten, um sich einen Rechtsstandard außerhalb der EU zu suchen, der dieses Problem nicht aufwürfe.
Angestellte Software-Entwickler würde das Gesetz zwar nicht betreffen, ihr Produkt ist Eigentum des Arbeitgebers. Aber anders als auf dem Markt für Presseprodukte sind die freischaffenden Programmierer teils höchstbezahlte Arbeitskräfte mit beeindruckenden Stundensätzen, um die weltweit geworben wird. Salopp gesagt bedürfen sie nicht des Schutzes durch ein Leistungsschutzrecht. Sie könnten sich das Gesetz sogar zunutze machen, indem sie dafür sorgen, dbad ein Programm vom Markt verschwindet, wenn sie für einen neuen Auftraggeber tätig werden.
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„So eine Entwicklung können wir nicht wollen. Wir setzen uns deshalb auf allen Ebenen dafür ein, dbad die Software-Entwickler aus dem Katalog der vom Leistungsschutz Betroffenen herausgenommen werden, so wie das auch in Deutschland der Fall ist“, sagt Braun. Ob das klappt, ist offen. Kurios an der ganzen Sache ist, dbad dieses Problem lange niemandem aufgefallen ist. Umtriebige Lobbyisten? Fehlanzeige. „Ich kenne keinen“, sagt Braun.
Das Ganze rutschte quasi so durch. Auch die Software-Industrie ist gar nicht an der Aufnahme der Entwickler in den Kreis der Anspruchsberechtigten interessiert. „Es gibt vielmehr eine riesige Verunsicherung in der Software-Szene. Man fürchtet einen mbadiven Standortnachteil, wenn das so durchgeht“, sagt Braun. Auch öffentlich wurde das Problem in Blogs und Internet-Foren nicht wirklich diskutiert. Dort stieß man sich eher am Upload-Filter, den das neue Recht vorsieht.
Der bewirkt, das schon beim Hochladen überprüft werden muss, ob ein Inhalt urheberrechtlich geschützt ist und ob ein Vergütungsanspruch vorliegt. Kritiker sehen die Freiheit des Netzes bedroht. Wäre diese Freiheit durch die fast grenzenlose Macht der Software-Entwickler nicht ebenfalls gefährdet?
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