Toxoplasmose-Parasit verändert Synapsen im Gehirn



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Viele Menschen infiziert: Wie der Toxoplasmose-Parasit die Synapsen im Gehirn umbaut

Haustiere tun den meisten Menschen richtig gut. Doch manche der Vierbeiner können Krankheiten übertragen. Beispielsweise die Toxoplasmose, eine Infektionskrankheit, deren Erreger häufig in Katzenkot zu finden ist. Forscher haben nun in einer Studie gezeigt, wie der Toxoplasmose-Parasit die Synapsen im Gehirn umbaut.

Eine der häufigsten Infektionskrankheiten

Vor wenigen Jahren berichteten US-amerikanische Wissenschaftler, dbad bei manchen Katzenbesitzern eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Aggressionen und Jähzorn ausgemacht wurde. Und zwar bei denjenigen, die eine Infektion durch Toxoplasma gondii erlitten hatten. Der weltweit verbreitete einzellige Parasit verursacht eine der häufigsten Infektionskrankheiten, die Toxoplasmose.

Der einzellige Parasit Toxoplasma gondii befällt Vögel und Säugetiere – einschließlich des Menschen. Seine Endwirte sind jedoch Katzen. Für manche Menschen kann der Erreger gefährlich werden. (Bild: alho007/fotolia.com)

Einzelliger Parasit befällt Vögel und Säugetiere

Der einzellige Parasit Toxoplasma gondii befällt Vögel und Säugetiere – einschließlich des Menschen. Seine Endwirte sind jedoch Katzen.

Forscher vom Institut für Inflammation und Neurodegeneration der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) haben in einer Studie untersucht, wie der Parasit den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst und nachgewiesen, dbad er dort die molekulare Zusammensetzung von Synapsen verändert.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler wurden im Fachmagazin „Journal of Neuroinflammation“ publiziert.

Erkrankung verläuft meist unbemerkt

Laut einer beim Informationsdienst Wissenschaft (idw) veröffentlichten Mitteilung haben sich etwa 30 bis 50 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens bereits mit Toxoplasmen infiziert. Bei den über 50-Jährigen geht man sogar von rund 50 Prozent aus.

Meist verläuft Toxoplasmose unbemerkt und die Infizierten ahnen gar nicht, dbad sie befallen sind.

„Bei gesunden Menschen löst die Infektion kurzzeitige Erkältungssymptome wie Schüttelfrost, Fieber und Gliederschmerzen aus“, erklärt Prof. Dr. Ildiko Rita Dunay, Leiterin des Instituts für Inflammation und Neurodegeneration an der OVGU.

„Eine solche Infektion kann für Schwangere oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem dagegen gefährlich werden. Es gibt noch keine Therapie, um den Parasiten wieder loszuwerden, wenn sie das Gehirn befallen. Wer also einmal infiziert ist, bleibt das ein Leben lang“, so die Expertin.

Problematisch ist zudem, dbad Toxoplasmose bei Neugeborenen oft unentdeckt bleibt, wie Experten des Robert-Koch-Institus (RKI) im Fachmagazin „Scientific Reports” berichteten.

Parasit wird vom Menschen über die Verdauung aufgenommen

Der Parasit nistet sich im Muskelgewebe infizierter Tiere ein, aber nicht nur:

„Toxoplasma gondii wird vom Menschen über die Verdauung aufgenommen, gelangt in den Blutkreislauf und wandert auch ins Gehirn, um sich dort lebenslang in Nervenzellen einzunisten“, beschreibt Dr. Karl-Heinz Smalla vom Speziallabor Molekularbiologische Techniken am LIN.

In früheren Untersuchungen anderer deutscher Forscher hat sich gezeigt, dbad Toxoplasmose schwere Spätfolgen im Gehirn bedingen kann.

Auch Magdeburger Wissenschaftler hatten schon in früheren Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dbad es bei Toxoplasma gondii infizierten Tieren zu erstaunlichen Verhaltensänderungen kommt:

„Die Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für Katzen entwickelt zu haben“, so die Forscher.

Um diese Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie deshalb Veränderungen in den Mäusegehirnen – und zwar insbesondere die molekulare Zusammensetzung von Synapsen, da diese die essentiellen Strukturen für die Signalverarbeitung im Hirn sind.

In einer Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig konnten sie dabei nachweisen, dbad sich bei insgesamt 300 synaptischen Proteinen die Mengen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion verändert hatten.

Besonders stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen, die an Immunantworten beteiligt sind, gefunden.

Gesteigerte Immunantwort

Zur Therapie von Toxoplasmose-Infektionen wird häufig Sulfadiazin eingesetzt, das die Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert.

Der Psychiater und Neurowissenschaftler Dr. Björn Schott erläutert: „Wir wollten nun herausfinden, wie sich eine Sulfadiazin-Behandlung auf die infektionsbedingt auftretenden molekularen Veränderungen im Gehirn auswirkt.“

Das Ergebnis: Die Proteinzusammensetzung in den Mäusehirnen war nach der Behandlung vergleichbar mit der von nicht infizierten Artgenossen.

„Alle untersuchten Proteine, die für die glutamaterge Signalübertragung zuständig sind, waren wieder im Normalbereich. Und auch die Entzündungsaktivität ging messbar zurück.“

Die Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer Proteine bewirkt.

Erkenntnisse könnten auch für Menschen relevant sein

Diese Erkenntnisse könnten auch für Menschen medizinisch relevant sein.

„Sie unterstützen die Vermutung, dbad Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen ist“, so die Neuroimmunologin Dunay.

„Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht. Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen“, erklärt die Expertin.

„Das legt den Verdacht nahe, dbad möglicherweise durch Immunreaktionen Veränderungen an der Synapse verursacht werden, die zu neuropsychiatrischen Störungen führen können.“ (ad)

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