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Ärzte Zeitung online, 06.11.2018
Angst Adé
Toxoplasmose gondii-Parasiten rufen erstaunliche Verhaltensänderungen hervor.
So verlieren Mäuse die Scheu vor Katzen.n Und auch für Menschen könnte er ein neurologischer Risikofaktor sein.
Nach einem Parasiten-Befall verloren Mäuse die natürliche Angst vor Katzen.
© Sergii Figurnyi / stock.adobe.com
MAGDEBURG. Wissenschaftler aus Magdeburg haben in einer Studie untersucht, wie Toxoplasma gondii, der Auslöser der Toxoplasmose, den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst. Die Mitarbeiter vom Institut für Inflammation und Neurodegeneration der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) haben nachgewiesen, dbad er dort die molekulare Zusammensetzung von Synapsen verändert (J of Neuroinflammation 2018: 15: 216).
Etwa 30 bis 50 Prozent aller Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens bereits mit Toxoplasmen infiziert. Bei den über 50-Jährigen geht man sogar von 50 Prozent aus.Toxoplasmose verläuft meist unbemerkt und die Infizierten ahnen gar nicht, dbad sie befallen sind. Bei gesunden Menschen löst die Infektion kurzzeitige Erkältungssymptome wie Schüttelfrost, Fieber und Gliederschmerzen aus. Eine solche Infektion kann für Schwangere oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem dagegen gefährlich werden.
Es gibt noch keine Therapie, um den Parasiten wieder loszuwerden, wenn sie das Gehirn befallen. Wer also einmal infiziert ist, bleibt das ein Leben lang.Der Parasit nistet sich im Muskelgewebe infizierter Tiere ein, aber nicht nur: „Toxoplasma gondii wird vom Menschen über die Verdauung aufgenommen, gelangt in den Blutkreislauf und wandert auch ins Gehirn, um sich dort lebenslang in Nervenzellen einzunisten“, wird Dr. Karl-Heinz Smalla vom Speziallabor Molekularbiologische Techniken am LIN in einer Mitteilung des Instituts zitiert.
Furcht verloren
Magdeburger Wissenschaftler hatten in früheren Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dbad es bei Toxoplasma gondii infizierten Tieren zu erstaunlichen Verhaltensänderungen kommt: „Die Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für Katzen entwickelt zu haben“, so die Forscher.
Um diese Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie deshalb besonders die molekulare Zusammensetzung von Synapsen, da diese die essentiellen Strukturen für die Signalverarbeitung im Hirn sind.
In einer Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig konnten sie dabei nachweisen: Bei insgesamt 300 synaptischen Proteinen hatten sich die Mengen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion verändert. Besonders stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen, die an Immunantworten beteiligt sind, gefunden.
Zur Therapie von Toxoplasmose-Infektionen wird oft Sulfadiazin eingesetzt, das die Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert. Der Psychiater und Neurowissenschaftler Dr. Björn Schott erläutert: „Wir wollten nun herausfinden, wie sich eine Sulfadiazin-Behandlung auf die infektionsbedingt auftretenden molekularen Veränderungen im Gehirn auswirkt.“
Proteinzusammensetzung ändert sich nach Behandlung
Das Ergebnis: Die Proteinzusammensetzung in den Mäusehirnen war nach der Behandlung vergleichbar mit der von nicht infizierten Artgenossen. „Alle untersuchten Proteine, die für die glutamaterge Signalübertragung zuständig sind, waren wieder im Normalbereich. Und auch die Entzündungsaktivität ging messbar zurück.“
Die Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer Proteine bewirkt.
Auch für Menschen könnten diese Erkenntnisse medizinisch relevant sein. „Sie unterstützen die Vermutung, dbad Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen ist. Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht. Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen, fbadt die Neuroimmunologin Dunay zusammen.
Die Forscher vermuten, dbad möglicherweise durch Immunreaktionen Veränderungen an der Synapse verursacht werden, die zu neuropsychiatrischen Störungen führen können. (eb)
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