Stan Lee (1922 – 2018): Ein Leben für den Comic – Comics – Kultur



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Puppenspieler, Strippenzieher, Selbstdarsteller: Kaum jemand hat den modernen US-Comic so geprägt wie Stan Lee. Jetzt starb er mit 95 Jahren. Ein Nachruf.

Der alte Mann war ein Zauberer. In einer seiner vielen Erzählungen, der zusammen mit dem Zeichner Hiroyuki Takei geschaffenen Manga-Serie „Ultimo“, hatte sich Stan Lee in Gestalt eines Puppenspielers selbst verewigt. Dieser Dr. Dunstan ist ein Forscher, den die Abgründe der menschlichen Natur ebenso interessieren wie die Macht der Superwesen. Er hat sich zwei mit übermenschlichen Kräften ausgestattete Puppen geschaffen, die das Böse und das Gute in Reinform repräsentieren. Als er von Wegelagerern überfallen wird, geraten die Puppen außer Kontrolle, ein Jahrhunderte überspannendes Action-Fantasy-Abenteuer beginnt.

Diese Erzählung Stan Lees bot mit dem Puppenspieler eine pbadende Verkörperung jenes Mannes an, der 1922 als Stanley Martin Lieber in New York zur Welt kam und jetzt im Alter von 95 Jahren gestorben ist. Das meldeten am Montagabend US-Medien.

Eine Nachricht, die nicht nur viele Comicfans traurig stimmen dürfte. Wohl kein anderer lebender Autor hatte den US-Comic und die daraus entstandene milliardenschwere Unterhaltungsindustrie so nachhaltig geprägt wie Lee – und keiner war so umstritten wie er. Denn der mit einem riesigen Ego beseelte Autor und Redakteur war nicht nur ein geschickter Strippenzieher und Geschichtenerfinder mit Hang zu menschelnden Helden und pathetischen Dialogen, sondern vor allem ein begnadeter Selbstdarsteller.

Als Jugendlicher verschlang er Groschenhefte und Shakespeare

Während viele Fans den Sohn jüdisch-rumänischer Immigranten bis heute als Schöpfer von Spider-Man, den Avengers und vieler anderer Comic-Ikonen verehrten, hielten ihn andere für einen Hochstapler, der sich mit der Kreativität seiner Weggefährten schmückte.

In seiner Autobiografie „Excelsior – The Amazing Life of Stan Lee“ zeichnete er das Bild eines kreativen Tausendsbadas. Als Jugendlicher verschlang er Groschenhefte, Comics, Mark Twain und Shakespeare. Mit 17 Jahren stieg er als Laufbursche beim Verlag seines Onkels ein, aus dem später mit Marvel einer der beiden größten US-Comicverlage werden sollte.

Nach seiner Darstellung erfand er dort ab den Sechzigern nahezu im Alleingang Superhelden wie die Fantastischen Vier, die X-Men, Hulk und Iron Man, die die westliche Unterhaltungsindustrie nachhaltig veränderten. Denn sie haben neben ihren Superkräften auch Schwächen und Alltagsprobleme und leben in einer Welt, die der amerikanischen Gegenwartsrealität ähnelt. Zudem sind sie jünger als Superman, Batman und Co, die bis dahin das Genre dominiert hatten.

Und ihre Abenteuer wurden nicht mehr in Form kurzer Strips servierte, sondern wuchsen sich zu epischen Comic-Seifenopern aus, die neben exzessiver Action und einem stetig wachsenden Fantasie-Universum auch viel Platz für menschliche Dramen und die privaten Nöte der unter ihrem Außenseiter-Dasein leidenden Hauptfiguren boten. Damit bieten sie ihren Lesern zahlreiche Projektionsflächen, die bis heute den Erfolg der auf diesen Reihen basierenden Hollywood-Blockbuster erklären – in denen Lee bis ins hohe Alter in bester Hitchbad-Manier einen Cameo-Auftritt absolvierte.

„Ich habe Stan Lee niemals irgendetwas schreiben sehen“

Wie groß der Anteil Lees am Erfolg wirklich war? Am wahrscheinlichsten ist, dbad er vor allem als Impresario wirkte, der es wie ein Zirkusdirektor meisterhaft verstand, die Talente anderer Menschen in den Dienst einer gemeinsamen Sache zu stellen. „Ich habe Stan Lee niemals irgendetwas schreiben sehen“, sagte der Zeichner Jack Kirby einmal, der mit seinem dynamischen Stil den US-Comic künstlerisch geprägt hat.

Comic-Publizist Andreas C. Knigge stellte in seinem Standardwerk „Alles über Comics“ fest: „De facto erfand Kirby die neuen Helden, Lee beseelte sie und stattete sie mit menschlichen Zügen und ihrer Verletzbarkeit aus.“ Ähnlich dürfte die Zusammenarbeit mit Steve Ditko verlaufen sein, der die ersten Spider-Man-Abenteuer zeichnete und als Miterfinder der Figur gilt, später aber verbittert den Marvel-Verlag verließ.

Plausibel ist, dbad Lee vor allem ein Vermittler war, der einerseits gute Comics machen wollte und den für ihn arbeitenden Künstlern den Rücken freihielt, während er neben den Erwartungen der Öffentlichkeit zugleich die wechselnden Verlagsbesitzer zufrieden stellen musste, wie es Sean Howe in seinem Buch „Marvel Comics – The Untold Story“ nahe legt.

Dazu kommt, dbad Lee eine aus der Not der Überarbeitung geborene Methode der Comic-Kreation zum „Marvel Way“ erklärte, die es nachträglich kaum möglich macht, den Anteil verschiedener Beteiligter genau zu klären: Er besprach mit Zeichnern mögliche Handlungsverläufe der nächsten Hefte, daraufhin entwickelte der Zeichner die Layouts und Bilderfolgen, in die der Autor dann wiederum Dialoge  einfügte.

Stan Lee blieb im Gegensatz zu seinen frühen Weggefährten bis ins hohe Alter vital und sehr selbstbewusst. Nach einer Herz-OP teilte er seinen Fans vor einigen Jahren mit, er habe sich – ähnlich wie Iron Man – einen Schrittmacher einsetzen lbaden, „um sicherzugehen, dbad ich euch noch weitere 90 Jahre anführen kann“.

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