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36 Jahre lang hatten die Großeltern von Leicester-City-Fan Mike Rowell jedes Heimspiel der Foxes im Stadion verfolgt. Als Oma Rowell im Frühjahr 2016 verstarb und ihr Mann kurz darauf die beiden Jahreskarten erneuern wollte, bekam er eine unerwartete Antwort.
Der Klub, der auf unerfindlichen Wegen vom Tod von Mrs. Rowell erfahren hatte, bot dem Witwer das zweite Ticket umsonst an – damit er nicht alleine auf der Tribüne sitzen müsse. Diese und ähnlich rührende Geschichten, die “Sunday-Times“-Reporter Jonathan Northcroft in seinem Buch “Fearless” über Leicesters sensationelle Meisterschaft 2015/2016 zusammengetragen hat, erklären, warum der am Samstag verunglückte Vichai Srivaddhanaprabha von der Anhängerschaft geliebt wurde wie kein zweiter Eigentümer auf der Insel.
Der 60-Jährige Duty-Free-Magnat aus Bangkok brachte dem 2010 noch in der zweiten Liga darbenden Provinzklub aus den Midlands nach seiner Übernahme nicht nur überwältigenden Erfolg – auch sein zutiefst menschlicher, auf allgemeines Wohlbefinden ausgelegter Führungsstil war außergewöhnlich.
Jedes Jahr an seinem Geburtstag (4. April) gab er den Zuschauern Hot Dogs und Freibier aus. Er ließ buddhistische Mönche einfliegen, um Kabine und Platz zu segnen, spendete zwei Millionen Pfund für ein neues Kinderkrankenhaus in der Stadt und weitere 100.000 Pfund, um die unter einem Parkplatz gefundenen Überreste von König Richard III. in die Kathedrale von Leicester zu überführen. Legendär war seine Großzügigkeit gegenüber den Spielern.
“Der Eigentümer tut alles für uns”
Jeder von ihnen bekam aus Dank für den 5000:1-Außenseitertriumph in der Liga einen BMW i8 als Geschenk. Wer schnell irgendwo hin musste – aus dem Urlaub zu einem Sponsorentermin oder zu einer medizinischen Untersuchung – durfte sich Srivaddhanaprabhas Augusta A109S Hubschrauber ausleihen, mit dem er nach jedem Heimspiel vom Mittelpunkt des Platzes auf sein Landwesen außerhalb Londons zurückflog.
“Der Eigentümer tut alles für uns,” sagte Ex-Nationalspieler Robert Huth, der 2016 Stammspieler in der Meisterelf war. “Es fängt von ganz oben an und geht über den Trainer und dessen Assistenten bis hinunter auf die Mitarbeiter. Ich hatte noch nie so viel Hilfe von einem Verein.”
Srivaddhanaprabha wurde 1958 als Vichai Raksriaksorn in der thailändischen Hauptstadt geboren. Seinen neuen Nachnamen (“Licht des fortschrittlichen Glanz”) bekam er von König Bhumibol verliehen, nachdem er als Besitzer von zollfreien Flughafen-Shops zum fünftreichsten Mann des Landes aufgestiegen war. Sein Vermögen wurde auf knapp fünf Milliarden Euro geschätzt. Die ursprünglich aus China stammende Familie siedelte vor gut zehn Jahren auf einem 40 Hektar großen Areal in Berkshire an, eine knappe Autostunde westlich von London.
Srivaddhanaprabha war wie sein jüngster Sohn Aiyawatt ein begeisterter Polo-Spieler, er ritt zusammen mit Prince Charles und Kronprinz William in Turnieren. Mit Hilfe von Profis aus Argentinien macht er sein King-Power-Team zur besten Mannschaft Großbritanniens, bevor er Anfang des Jahrzehnts für umgerechnet 45 Millionen Euro Leicester kaufte und 110 Millionen Euro Schulden tilgte.
Dank Srivaddhanaprabha feierte Leicester 2016 ein Fußball-Wunder
“Wir wollen uns binnen drei Jahren in den Top Fünf etablieren”, sagte er 2014 nach dem Aufstieg in die Premier League. Srivaddhanaprabha wurde damals für seine Ambitionen belächelt – bis Leicester nur zwei Spielzeiten später unter Claudio Ranieri das mittlere Fußballwunder gelang.
Der Klub machte im Aufstiegsjahr 40 Millionen Verlust und musste nach Verstößen gegen Financial-Fairplay-Auflagen der zweiten Liga – Srivaddhanaprabha hatte unerlaubtes Eigen-Sponsoring betrieben – 3,5 Millionen Euro Strafe zahlen. Das Geschäftsjahr 2016/2017 schloss City jedoch mit einem Rekordgewinn von 103 Millionen Euro ab.
Ohne die Einnahmen aus der Champions League werden die Bilanzen für die Spielzeiten danach weniger imposant ausfallen, aber Leicester dürfte dennoch weiter profitabel sein. Um die unmittelbare Zukunft des Vereins muss man sich deshalb nach dem tragischen Tod des Mäzen wohl keine größeren Sorge machen. Das tägliche Geschäft im King-Power-Stadion führt schon seit längerer Zeit Srivaddhanaprabha 33-jähriger Sohn Aiyawatt (Spitzname: “Top”), der sich der Erzählung nach einst als Zuschauer des Ligapokal-Endspiels von 1997 den Füchsen verschrieb.
Gleich neben dem Stadion, nicht weit vom Absturzort des Helikopters, hat der Verein eine grüne Gedenkstätte für verstorbene Fans eingerichtet, manche ließen dort ihre Asche verstreuen. Auf persönliche Anweisung von Vichai Srivaddhanaprabha standen vor jedem Heimspiel eine gute Flasche Whisky und Gläser für einen Toast auf die Toten bereit. Nun wird man auch ihn in die blauweißen Gebete miteinschließen. In diesen Tagen trauert eine ganze Fußballstadt um ihren verschiedenen Wohltäter.
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